Zur Karriere von Kurt Tichy

Was war für Ihren Werdegang ausschlaggebend? Meine Liebe zum Beruf. Die Lehre absolvierte ich bei der Firma Gerstner, ging dann in die Schweiz, um andere Länder kennenzulernen und Erfahrungen zu sammeln. Als ich nach Wien zurückkam, arbeitete ich bei der Firma Heiner und machte mich 1952 selbständig. Ich fing an Eis zu produzieren und bin im Sommer mit meinem Eiswagerl in die Simmeringer Haide gefahren, wo an die 600 Gärten waren. Die Qualität meiner Produkte stimmte, auch die Portionen und die Mundpropaganda trug sehr zu meinem Erfolg bei. Gemeinsam mit meiner Frau eröffnete ich einen Salon mit 16 Plätzen in einem Keller. Nach drei Jahren übersiedelten wir auf den Reumannplatz und stellten eine Serviererin ein. Der große Durchbruch kam 1967, als ich die Eismarillenknödel erfand, die weltberühmt wurden. Heute habe ich das größte Eisgeschäft in Europa.

Zum Erfolg von Kurt Tichy

Was macht Ihren persönlichen Erfolg aus? Die Tatsache, daß ich einen ganz anderen Weg ging, als die Konkurrenz, wobei ich primär nicht an Geld, sondern an die Qualität dachte. Ich wollte besser als die Italiener sein, die seit der Jahrhundertwende in Wien bekannt waren.
Wie ist Ihnen das gelungen? Durch Ehrgeiz, Fachwissen und Kreativität. Ich führte zum Beispiel als erster die Eisspezialitäten ein. Für die Anderen war es zu zeitaufwendig, ich sah aber eine große Zukunft darin und heute sind Eisspezialitäten mein Schwerpunkt.
Was bedeutet für Sie Erfolg? Erfolg ist etwas Schönes, den man aber verdienen muß. Erfolg kommt nicht von alleine. Der gemeinsame Erfolg mit meiner Frau bedeutet seit 46 Jahren 16 Stunden Arbeit am Tag. Erfolg ist für mich Anerkennung in der Gesellschaft und finanzielle Sicherheit.
Was bedeuter für Sie die Familie? Sie ist mein Lebensinhalt, meine Kraftquelle. Ich bin seit 50 Jahren verheiratet und meiner Frau gebührt mindestens 50% meines Erfolges. Ich bin stolz auf meine Kinder und bin froh, daß mein Sohn in meine Fußstapfen getreten ist.
Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern eingeschätzt? Ich hoffe, sie schätzen unser Geschäft und mich. Ein Beweis dafür ist, daß wir 80% Stammpersonal haben, was in Saisonbetrieben ziemlich selten ist. Ich habe Mitarbeiter, die seit 25 Jahren bei mir sind. Bei der Arbeit gebe ich den Mitarbeitern gewisse Freiheiten, aber es muß alles funktionieren.
Was können Sie jungen Selbständigen empfehlen? Das Schwierigste ist heutzutage mit der Gesetzeslage umzugehen. Es gibt viele Hürden, die zu überwinden sind, unter anderem die EU-Vorschriften, die eine selbständige Tätigkeit nicht gerade erleichtern. Wenn sich jemand denoch für die Selbständigkeit entscheidet, sollte man großes Durchsetzungsvermögen entwickeln und bereit sein bescheiden zu leben und nicht groß angeben. Angeberei ist ein ernstes Problem bei Selbständigen.
Ihre Devise? In der Bescheidenheit liegt das Glück.

Zahlreiche Auszeichnungen, z.B. Bürger der Stadt Wien (als einer von drei Gewerbetreibenden seit 1900)