Zur Karriere von Karl Wrann

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Nach der Pflichtschule besuchte ich die Textilschule in Wien und schloß diese 1950 mit Erfolg ab. Bereits seit meinem zehnten Lebensjahr genoß ich Tanzunterricht bei einer Wahltante, die in den 20er Jahren eine erfolgreiche Tänzerin war. Während der Schulzeit absolvierte ich eine Tanzausbildung bei Lili von Wieden in Wien, von der mein Vater nichts wissen durfte. Außerdem nahm ich Unterricht bei Hedi Pfundmayer, einer Ballerina der Wiener Oper, und Sonja Corti, einer Pantomime-Lehrerin. Mich haben immer der moderne Tanz und auch der Stepptanz interessiert. Nach meinem ersten großen Auftritt wurde ich von Rosalia Chladek an die Wiener Tanzakademie geholt, wo ich von 1955 bis 1958 ein Stipendium erhielt. Mein Vater wußte noch immer nichts von meinem eigentlichen Beruf. Die Akademie verpflichtete uns auch zu Fernsehauftritten, auf diese Weise erfuhr mein Vater von meinem Beruf als Tänzer. Er konnte dies erst Jahre später akzeptieren, als er sah, daß ich damit auch Geld verdienen konnte. Danach arbeitete ich als Tänzer und Choreograph, unter anderem für Live-Sendungen beim Fernsehen. 1959 war ich mit einer englischen Kompanie mit der Lustigen Witwe auf einer Australien-Tournee. Ich blieb vier Jahre lang und war bei der Nationalkompanie als Solist in verschiedenen, klassischen Ballettrollen und auch bei Fernsehauftritten tätig. Zusätzlich war ich als Tänzer und Schauspieler bei Crawford-Production unter Vertrag. 1963 kehrte ich nach Österreich zurück, konnte jedoch einen Vertrag am Theater an der Wien aufgrund von Knieproblemen nicht mehr annehmen. Ich übersiedelte nach Vorarlberg und gründete eine Agentur für Zeitungen und Verlagsrechte. Der Zufall führte mich zum Lehrberuf. Ich half in einer Ballettschule aus und konnte diese 1964 übernehmen. Den Schwerpunkt meiner Tätigkeit legte ich auf die Nachwuchsarbeit. Ohne jede Reklame, nur durch Mundpropaganda war ich ein erfolgreicher Ballettlehrer mit dem Motto: Qualität setzt sich durch. 1992 ging ich in Pension und löste nach 28 Jahren die Tanzschule auf. In etlichen verschiedenen Kursen vermittelte ich tausenden Schülern ohne Drill und Zwang nicht nur Tanzschritte aus klassischem Ballett-, Jazz-, Step- und Ausdruckstanz, sondern auch Standfestigkeit, Balance, sicheres Auftreten und Körpergefühl.

Zum Erfolg von Karl Wrann

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg hatte für mich nie einen materiellen Aspekt. Ich empfand es als Erfolg, wenn es mir gelang, Menschen zu öffnen und ihnen zu helfen, ihre seelischen Empfindungen in bewegte Formen umsetzen zu können.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich konnte meinen Schülern eine Welt eröffnen, die sie sonst nicht kennengelernt hätten.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich konnte Leute packen, sie mitreißen und meine Dynamik übertragen. Zu mir konnte jeder kommen, der gern tanzen wollte, nicht nur begnadete Talente.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich empfand mich immer schon als erfolgreich. Schulen haben mich jedoch eher in meiner Kreativität behindert. Mein Ausdrucksbedürfnis und dessen Umsetzung in Bewegung waren so stark, daß ich mich nie unterlegen fühlte. Ich habe mich auch nie an ein Haus gebunden, sondern war überall aktiv.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Harald Kreuzberg wurde mir zum Vorbild, denn seine Tanzabende im Konzerthaus, noch während und unmittelbar nach dem Krieg, haben mich sehr beeindruckt.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich erfuhr sehr viel Anerkennung von meinen Schülern, die mich stets zu ihren Tanzabenden einluden und betonten, daß sie ohne mich diesen Weg nicht geschafft hätten. Zu ihnen zählten unter anderem Günter Marinelli, Renate Graziadei.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Die Aufnahmekriterien der Ballettschulen in Österreich sind ein Problem. Wenn 200 Schüler zu mir kamen, habe ich nicht nach zwei bis drei Tagen beurteilt, welche zwölf nun tatsächlich talentiert waren. Ich gab allen eine Chance, die Auslese hat sich ganz natürlich ergeben.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Ich habe nie darauf geachtet, was die Konkurrenz macht.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Wenn das eigene Ausdrucksbedürfnis stark genug ist, sollte man sich auch von Lehrern oder Schulen nicht abbringen lassen, seinen Weg weiterzugehen.