Zur Karriere von Herbert Feustel

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Nach Abschluß des Medizinstudiums absolvierte ich das vorgeschriebene ärztliche Praktikum (damals noch als Medizinalassistent) und entdeckte meine ausgesprochene Neigung zur Chirurgie. Ich war in der Folge einige Jahre an einem Kreiskrankenhaus tätig, wo ich eine intensive Ausbildung zum Chirurgen absolvierte, und wechselte anschließend an die Universitätsklinik Erlangen, wo ich mich habilitierte und Privatdozent wurde. Gemeinsam mit einem Kollegen wechselte ich als leitender Oberarzt nach Gießen. Ich wurde schließlich mit 38 Jahren unter 20 Bewerbern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum ausgewählt und 1978 an diese Klinik nach Würzburg berufen, wo ich bis dato tätig bin. Ich hatte in dieser Stadt studiert und wollte hierher zurückkehren, wo ich den Wiederaufbau zur Metropole und das „Wirtschaftswunder“ erlebt hatte. Für diese Position als Chefarzt habe ich mich zum ersten und einzigen Mal in meinem Leben – mit Erfolg – beworben. In der Zwischenzeit ist es mir gelungen, zahlreiche Verbesserungen und Neuerungen in verschiedenen Bereichen der Medizin einzuführen.

Zum Erfolg von Herbert Feustel

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, meinen Patienten durch meine Arbeit helfen zu können. Meine Bestätigung ist ihr Gefühl, daß das Beste für sie getan wurde. Dahingehend kann man in der Chirurgie auch sichtbaren Erfolg erzielen und Erfolgserlebnisse haben. Schwerkranke und verzweifelte Patienten sind nach einem notwendigen chirurgischen Eingriff schnell wieder gesund und fühlen sich wohl, was in anderen Disziplinen nicht in diesem Maß möglich ist. Persönlicher Erfolg bedeutet für mich ganz allgemein, meine Arbeit optimal zu erfüllen und dabei in Anlehnung an ein lateinisches Sprichwort immer die Konsequenzen meiner Handlungen zu bedenken.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich bin zufrieden mit meiner Tätigkeit und meinem Leben, ob ich erfolgreich bin, müssen andere beurteilen.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ausschlaggebend für meinen Erfolg ist meine Einstellung den Patienten gegenüber. Ich habe während meiner Ausbildung das Grundprinzip erworben, jeden Patienten so zu behandeln, als wäre er mein Bruder. Er ist nicht „der Magen“, die Galle“, oder eine Nummer, sondern Herr Müller mit seinem ganz persönlichen Gebrechen, das sich auf seine persönliche Befindlichkeit auswirkt, auf die ich auch menschlich eingehe. Diese Sichtweise vermittle ich auch meinen Mitarbeitern, weil ich sie für eine Grundlage des menschlichen Umgangs halte, die gerade in unserem Beruf unglaublich wichtig ist. Ich konnte mein Gedächtnis im Laufe der Zeit beispielsweise so weit trainieren, daß ich heute jeweils alle 90 Patienten auf meiner Station beim Namen kenne und weiß, woran sie leiden. Begabung ist sicher wichtig, 80 Prozent des Erfolges beruhen allerdings mit Sicherheit auf Fleiß.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Das Wichtigste ist, Prioritäten zu setzen, das diktiert mir schon allein mein Tagesablauf, der mit der Visite beginnt, bei der jeder Patient ausführlich untersucht und nach seinem Befinden gefragt wird. Am Vormittag bin ich im Operationssaal tätig und am Nachmittag finden schließlich Besprechungen mit Mitarbeitern auch anderer Abteilungen statt, anschließend erfolgt die zweite Visite des Tages. Meine langjährige Erfahrung garantiert mir eine gewisse Routine, die mir sehr hilfreich ist, die tägliche Herausforderung ruhig zu bewältigen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ein erstes schönes Erfolgserlebnis hatte ich, als ich als junger Arzt in den Sechziger Jahren zwei Kinder operierte, deren Eltern mir nach ihrer Genesung erzählten, daß sie, nach ihren Berufswünschen gefragt, geantwortet hatten, sie wollen „einmal ein Doktor Feustel“ werden. Dieses Erlebnis, die Tatsache, daß ich ein Vorbild geworden war, bestätigte mir, daß ich mit den Kindern nicht nur fachlich, sondern auch menschlich richtig umgegangen war. Solche Erfolgserlebnisse hatte ich im Laufe meines Lebens immer wieder. In der Zwischenzeit habe ich zahlreiche Doktoranden betreut, von denen ich mir sicher bin, daß sie in meinem Sinne arbeiten werden. Auch das ist für mich Erfolg.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Ich denke, daß ich vor allem in der Wahl meiner Oberärzte, die ich ohne Ausnahme selbst ausgesucht habe, besonders erfolgreiche Entscheidungen traf. Unter ihnen ist ein begnadeter und exzellenter Unfallchirurg, der eine Koryphäe im Bereich Knieoperationen ist.Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Originalität und Imitation müssen sich die Waage halten. Es ist sowohl unerläßlich, auf Bestehendes zurückzugreifen, als auch Neues zuzulassen und einzubringen. Meinen Mitarbeitern sage ich immer wieder, daß es besser ist, aus den Fehlern anderer zu lernen, als selbst Fehler zu begehen. Besonders in der Medizin muß man Krankheitsbilder sammeln, wie andere Leute Briefmarken.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Die wichtigste Anerkennung ist für mich die Zufriedenheit der Patienten, die sich bei mir bedanken, weil es ihnen wieder gut geht. Ich habe Patienten, die lange Strecken zurücklegen, weil sie ausschließlich an dieser Klinik behandelt werden möchten, und das bestätigt meinen Erfolg auf eine sehr schöne Art und Weise.