Zur Karriere von Karl Weghaupt

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
In der Mittelschule fragte mich mein Naturgeschichteprofessor, was ich werden wolle. Ich erklärte ihm, daß ich wisse, daß ich lehren könne und deshalb Mittelschulprofessor werden wolle. Er war ein sehr aufgeschlossener Lehrer, der mit den interessierten Schülern der Klasse am Wochenende Ausflüge machte und uns so ganz praktisch für sein Fach begeistern konnte. Er sagte mir, ich hätte so geschickte Hände, ich solle doch Medizin studieren. Ich erklärte, daß dies aus finanziellen Gründen - ich war Halbwaise - wohl nicht möglich sei. Daraufhin meinte er, daß er mir eine Arbeit verschaffen würde, wenn ich Medizin studierte. Als ich zu studieren begann, hielt er Wort und brachte mich in der damaligen Telephonzentrale in der Lehárgasse unter, wo ich nächtens Telephonverbindungen herstellte und währenddessen die Skripten studierte. Er meinte: Sie werden schon sehen, Sie machen alles mit Auszeichnung!, und er sollte recht behalten. In der Folge erhielt ich alle notwendigen Stipendien, weil ich gut genug dafür war. Ich rechnete mir aus, daß ich, wenn ich ein halbes Semester früher als die anderen fertig werden würde, eine Bestallung als Arzt erhalten würde, was bedeutete, daß ich sofort eine eigene Praxis eröffnen und mir in der Folge meine Lehrer aussuchen könnte. Dies war dann 1944 auch der Fall. Von 1945 bis 1947 organisierte ich mit dem Schweizer Generalkonsul Dr. Jenner die Hilfslieferungen des Schweizer Roten Kreuzes nach Wien. Von 1945 bis 46 war ich Hilfsarzt an der II. Chirurgischen Klinik (Prof. W. Denk), 1946 trat ich bei Prof. Antoine an der I. Universitäts-Klinik in Wien ein. Prof. Antoine wollte an seiner Klinik eine Strahlenstation einrichten und bewog mich, eine Ausbildung in dieser Richtung anzustreben. Ich absolvierte also während meiner Urlaubszeit in den Jahren 1947 bis 1950 die Grundausbildung sowie die theoretischen Grundlagen der Strahlentherapie und bildete mich in der Folge auch international auf dem Gebiet der Strahlentherapie weiter (1953, 1955 und 1959 in Stockholm bei Prof. Kottmeier, 1954 und 1956 in Paris, Institut Curie, 1956 Zürich und Bern bei Prof. Zuppinger und 1963 nochmals in Bern an der damals modernsten Telekobalttherapieanlage). 1957 wurde ich von Prof. Kottmeier (Stockholm) als Planer und Inspizient für den Aufbau einer Strahlenabteilung in Barcelona vorgeschlagen. Dieses Projekt wurde auch von mir begleitet und abgeschlossen. Im Mai 1950 wurde die Radiumstation der I. Universitäts-Frauenklinik in Wien eröffnet, die ab diesem Zeitpunkt unter meiner Leitung stand 1972 wurden die Strahlenabteilungen der I. und II. Universitäts-Frauenklinik zusammengelegt und meiner Leitung anvertraut. 1979 wurde das erste biochemische Labor für Tumorforschung und Tumornachsorge in Betrieb genommen. Von 1972 bis 1991 war diese Abteilung die größte ihrer Art im deutschsprachigen Raum und wurde zum Ordinariat für gynäkologische Strahlentherapie erhoben: hier wurden von ihrer Gründung 1950 bis zu meiner Emeritierung am 1. Oktober 1991 240.000 Patientinnen behandelt.

Zum Erfolg von Karl Weghaupt

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist Frucht der Arbeit. Geschenkt bekommt man nichts. Erfolg ist auch die Frucht eines umfassenden Interesses, des Fleißes und einer gediegenen Ausbildung.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, das kann ich schon sagen. Ich bin ein zufriedener Arzt, und ich bin glücklich, wenn ich jemandem helfen kann.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Mein Fleiß, mein Interesse und meine sehr vielfältigen Einsätze. Ich brachte chemische Präparate auf den Markt, die auch heute noch existieren. Wichtig waren auch meine Auslandsaufenthalte, insbesondere in Schweden, das zu meiner zweiten Heimat wurde. Ich wußte, was ich wollte, hatte Ideen und das nötige Durchsetzungsvermögen, sie zu realisieren.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Da meine Mutter nicht sehr viel hatte, wurde ich als Zehnjähriger von ihr an die Kadettenschule in Wiener Neustadt geschickt, um die Offizierslaufbahn einzuschlagen, da diese Ausbildung kostenlos war. Ich bestand dort die Aufnahmeprüfung mit Auszeichnung. Das war bereits ein erstes Erfolgserlebnis, was mir sehr wichtig war, da ich dadurch meiner Mutter Sorgen abnehmen konnte. Aus Platzmangel konnte ich dann dort nicht aufgenommen werden, aber das erfolgreiche Abschneiden bei der Prüfung ermöglichte mir die Aufnahme in einer Wiener Mittelschule.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Ich mußte in meinem Leben oft Entscheidungen über Leben und Tod fällen. Das war schwierig, aber ich freute mich jedesmal, wenn es mir gelang, dem Tod einen Menschen abzutrotzen.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Prof. Antoine war für mich ein väterlicher Förderer, der mich hin und wieder aber auch ganz gern pflanzte. Er beeindruckte mich durch seine Güte. Ich war ja eher ein Raufer, der keine Auseinandersetzung, auch mit berühmten und erfolgreichen Ordinarien, scheute.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Es ist jedesmal eine Freude, wenn ich einer Patientin begegne, welche ich dem Tod entreißen konnte.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Ich denke, es gibt ein wachsendes Defizit an Menschlichkeit. Die wissenschaftliche Präzision wird immer schärfer, und der menschliche Umgang leidet dabei. Auch die immer stärker werdende Spezialisierung der Ärzte führt zu einem Verlust des medizinischen Allgemeinwissens, den ich für katastrophal halte.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Meine Frau war auch Ärztin, und wir hatten wenig Zeit füreinander. Doch abends nahmen wir uns Zeit und besprachen den Tag. Auch bei meinen Oberärzten achtete ich darauf, daß ihnen Zeit für ihr Privatleben blieb.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Fleißig sein und menschenoffen bleiben. Man hat Erfolg, wenn man auf die Menschen eingeht und nicht überheblich ist.
Ihr Lebensmotto?
Ich werde nie eine so dicke Haut bekommen, daß ich ohne Rückgrat stehen kann.

Über 170 wissenschaftliche Publikationen, 5 Buchbeiträge, über 150 Vorträge im In- und Ausland.