Zur Karriere von Nura Kassoume

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Nach der AHS-Matura 1997 arbeitete ich zunächst ein Jahr im Büro eines Handelsunternehmens, und ging dann, eigentlich der Liebe wegen, nach Berlin. Dort fiel mir in der Auslage einer kleinen, aber feinen Boutique der Zettel Aushilfe gesucht auf. Ich stellte mich vor, bekam den Job, und zwei Wochen später hatte ich den Schlüssel und managte den Laden als Shop Assistant. Es war eine wunderbare Zeit, und damals entstand auch die Idee, mein eigenes Geschäft in Wien zu eröffnen und die Kollektion dieser Designerin nach Wien zu holen. 1999 kehrte ich nach Wien zurück, wo ich zunächst aber an der Rezeption einer Zahnärztin arbeitete und anschließend als Assistentin der Geschäftsleitung in einem Unternehmensentwicklungsbüro. Nebenbei jobbte ich stundenweise als Verkäuferin in einer Boutique, da es noch immer mein Traum war, eines Tages meinen eigenen Laden zu eröffnen. Ich wollte die Marktnische bunter, ausgefallener, leicht indisch inspirierter Kleidung abdecken. Daher knüpfte ich im Vorfeld Kontakte zu mehreren Modelabels, die diesem Stil entsprachen. Trotzdem ließ ich mir mit der Realisierung Zeit, da alles Hand und Fuß haben sollte. Eines Tages spazierte ich im siebten Bezirk durch die Lindengasse und entdeckte ein leeres Geschäftslokal in idealer Lage. Ich sprach mit der Hausverwaltung, rechnete alles durch, stellte einen Finanzplan auf und präsentierte meine Geschäftsidee der Bank. So eröffnete ich mit dem relativ geringen Betrag von 10.000 Euro Fremdkapital im Jahr 2003 den Aurinshop. Mit Hilfe von Freunden und Familie restaurierte ich das Geschäftslokal und startete mit einer kleinen Auswahl an ausgefallener Mode, Schmuck und Accessoires. Mein Konzept, außergewöhnliche Stoffe und extravagante Schnitte in verschiedensten Preisklassen anzubieten, ging auf. Durch Mundpropaganda und Weiterempfehlungen zufriedener Kundinnen konnte ich den Bekanntheitsgrad der Boutique in kurzer Zeit schnell steigern.

Zum Erfolg von Nura Kassoume

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Meine Geschäftsidee hat sich durchgesetzt. Ich verkaufe nämlich nicht nur Mode und Accessoires, sondern schaffe auch eine Atmosphäre des Wohlfühlens. Meine Kundinnen wissen dieses Ambiente zu schätzen, und ich erhalte sehr viel positives Feedback. Das sehe ich als persönlichen Erfolg. Ich betreibe die Boutique aber nicht nur aus Leidenschaft und Liebhaberei, sondern muß damit auch meinen Lebensunterhalt verdienen. Daher spielt der finanzielle Aspekt ebenfalls eine gewisse Rolle.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Der Verkauf und der Umgang mit Menschen liegen mir. Ich höre immer wieder von Kundinnen, wie gut behandelt und beraten sie sich bei mir fühlen. Diese Branche und dieser Beruf machen mir einfach Freude, und das spüren die Kunden auch. Als Unternehmerin braucht man darüber hinaus auch Organisationstalent und kaufmännisches Geschick.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Nein, gerade in der Modebranche ist es eher von Vorteil, eine Frau zu sein.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Karolin Henker, jene Designerin und Boutiquenbesitzerin aus Berlin, bei der ich diese Branche kennenlernte, verdanke ich sehr viel. Sie unterstützte mich beim Start meines Geschäftes, indem sie mir ihre Kollektionen in Kommission gab und ich sie nicht sofort bezahlen mußte. Auch die liebevolle Unterstützung meiner Familie und meines Großvaters waren eine wertvolle Hilfe auf meinem Berufsweg.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Mein größtes Problem ist es, die richtige Spanne zwischen Ein- und Verkaufspreis zu finden. Meine Stücke sollen nicht zu teuer und leistbar sein, andererseits muß für mich genügend übrig bleiben. Das ist eine Gratwanderung.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Es gibt in Wien kein vergleichbares Geschäft. Durch die besondere Auswahl und die familiäre Atmosphäre unterscheide ich mich doch von den meisten anderen Boutiquen. Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Für mich gibt es keine Konkurrenz, nur Mitbewerber. Ich bin der Meinung, daß wir kleinen Läden uns gegenseitig unterstützen müssen. Daher empfehle ich durchaus andere Geschäfte, wenn eine Kundin etwas sucht, das ich nicht im Sortiment habe.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Das funktioniert eigentlich sehr gut, da ich das Geschäft erst mittags aufsperre. Die Erfahrung hat gezeigt, daß sich ein Offenhalten am Vormittag nicht rentiert. Daher bleibt mir auch genügend Zeit für das Privatleben.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Für eine Boutique ist der Standort von großer Bedeutung. Das Sortiment kann noch so toll sein, wenn der Laden in einem wenig frequentierten Viertel eines Randbezirkes liegt, wird er wenig erfolgreich sein. Natürlich sollte man auch Begeisterung und Interesse für Mode und Design mitbringen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mein nächstes Ziel ist es, eine eigene Kollektion zu entwerfen. Ich habe genügend Ideen für neue Entwürfe, die meine Mitarbeiterin in Form von Musterstücken umsetzen soll. Derzeit ist noch nicht geklärt, wo wir produzieren lassen könnten, da eine Produktion in Österreich die Preise erheblich verteuern würde. Da gibt es einige Optionen, wie beispielsweise Asien oder Osteuropa.
Ihr Lebensmotto?
Love it, change it or leave it.