Zur Karriere von Silke Bühler-Paschen

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich wurde in Aachen geboren, durch den Beruf meines Vaters bedingt zogen wir aber in meiner Kindheit mehrmals innerhalb von Deutschland um, außerdem lebten wir einige Zeit auch in Holland und Brasilien. Schließlich kam meine Familie nach Österreich, wo ich in Graz 1986 die AHS-Matura mit ausgezeichnetem Erfolg ablegte. Anschließend studierte ich an der TU Graz Technische Physik. Während des Studiums absolvierte ich als Sommerstudentin einen Auslandsaufenthalt am Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz. Diese wissenschaftliche Tätigkeit gefiel mir so gut, daß ich auf Einladung des Instituts auch meine Diplomarbeit dort durchführte. 1992 bestand ich die Diplomprüfung mit Auszeichnung und erlangte mit der Sponsion den Titel Diplomingenieur. Danach verfaßte ich an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Lausanne meine Doktorarbeit, im Jahr 1995 erfolgte meine Promotion zum Doktor der Naturwissenschaften. Im Anschluß daran ging ich an die ETH Zürich, wo ich am Institut für Festkörperphysik als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war und außerdem unterrichtete. Nach dieser ersten eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit nach dem Doktorat, auch Post Doc genannt, erhielt ich Anfang 1999 eine Stelle am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden. Von Dezember 2001 bis März 2002 übernahm ich dann auch eine Gastprofessur am Institut für Festkörperphysik an der Nagoya University in Japan. Im Jahr 2003 erhielt ich eine C3 Position des Exzellenzprogramms der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung hervorragend qualifizierter Wissenschaftlerinnen, was dem Level eines Associate Professors entspricht. Schließlich bewarb ich mich um eine Professur an der Technischen Universität Wien und konnte mich gegen 106 Mitbewerber durchsetzen. Im Mai 2005 trat ich meine Stelle als Universitätsprofessorin am Institut für Festkörperphysik der TU Wien an; im Oktober 2007 wurde ich zum Institutsvorstand bestellt.

Zum Erfolg von Silke Bühler-Paschen

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich muß mich derzeit leider massiv dem Habitus beugen, daß Erfolg von den diversen Geldgebern, von der EU und auch von der Universität selbst definiert wird. Alle Gelder werden nach Leistung vergeben, ich schreibe von früh bis spät Anträge. Es wird mir anhand verschiedener Parameter vorgegeben, was Erfolg heißt. Und wenn ich diese Kriterien mit unserem Institut erfülle, bin ich erfolgreich.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, meine berufliche Position in Kombination mit meiner Familie läßt sicher auf einen gewissen Erfolg schließen. Ich hoffe aber, daß ich dem in Zukunft noch einiges hinzufügen kann.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich stehe neuen Forschungsrichtungen sehr offen und neugierig gegenüber, was ich für einen wesentlichen Erfolgsfaktor halte. Ich habe zwar eine starke Spezialisierung, verliere aber nie den Weitblick über den eigenen Tellerrand hinaus. Das ist gerade bei der Beantragung neuer Projekte sehr wertvoll. Ist es für Sie als Frau in der Wissenschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Es ist mir im Zuge meiner Karriere nicht aufgefallen, daß ich als Frau benachteiligt gewesen wäre. Es liegt aber auf der Hand, daß ich mit drei Kindern eine massive Zusatzbelastung zu tragen habe.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Es gibt keine bestimmte Situation, die ich hervorheben möchte. Erfolg beruht auf einer kontinuierlichen Entscheidung für Mobilität, für neue Herausforderungen, für Mut zum Risiko - mit der Familie und einem Neugeborenen für mehrere Monate nach Japan zu gehen war beispielsweise eines dieser Risiken, die wir als Familie eingegangen sind.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Meine Entscheidung, neben der wissenschaftlichen Karriere auch eine Familie zu gründen, wurde von einer Professorin an der École Polytechnique in Paris stark geprägt: Prof. Dr. Marie-Noëlle Bussac ist selbst sehr erfolgreich und hat zwei Kinder. Sie sagte zu mir, daß sich das durchaus vereinbaren läßt und kein Problem darstellt. Dadurch revidierte ich meine ursprüngliche Meinung, daß sich Familie und Karriere nicht unter einen Hut bekommen lassen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
In meinem Beruf drückt sich die Anerkennung in hard facts aus - wenn es zum Beispiel gelingt, wissenschaftliche Arbeiten in sehr renommierten Fachzeitschriften zu veröffentlichen, oder wenn man zu Vorträgen bei bedeutenden Konferenzen eingeladen wird.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Das Team trägt ganz entscheidend zum Erfolg bei. Wichtig ist, daß die Mitarbeiter meine Ideen aufnehmen und eigenständig weiterentwickeln.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich will Interesse und Einsatzbereitschaft spüren, reine Pflichterfüllung wäre viel zu wenig. Natürlich sind auch die bisherigen Erfahrungen und Arbeiten ein Entscheidungskriterium. Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Das Institut für Festkörperphysik der TU Wien liegt im europaweiten Vergleich sicherlich im oberen Drittel. Selbstverständlich arbeiten wir mit vielen, auch international sehr renommierten Instituten zusammen. Es gibt wissenschaftlichen Austausch, wir besuchen uns gegenseitig und treffen uns regelmäßig bei Konferenzen. Somit ist der Übergang von Konkurrenz zu Kooperation fließend.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Das klappt nur dank perfekter Organisation - die Kinder sind gut untergebracht, Luise und Pascale besuchen die Global Education Primary School, Raphael geht in den Kindergarten. Nachmittags werden sie zu Hause privat betreut.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Wer sich für eine wissenschaftliche Laufbahn interessiert, darf sich nicht durch etwaige Hindernisse abschrecken lassen. Empfindet man diesen Beruf als Berufung, muß man einfach dranbleiben, in allen Bereichen vollen Einsatz zeigen und seine Ziele konsequent verfolgen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich arbeite an etlichen Proposals und Projekten, die ich erfolgreich mit meinem Team voranbringen will.
Ihr Lebensmotto?
Go for it, just do it! Wenn man zu lange nachdenkt, macht man vielleicht vieles nicht.

Zirka 100 international referierte Publikationen unter anderem in Science, Nature, Physical Review Letters, Physical Review B; 30 eingeladene Vorträge bei Konferenzen und 15 eingeladene Seminare (Auszug: 25th International Conference on Thermoelectrics, Wien 2006; International Conference on Strongly Correlated Electron Systems, Wien 2005; APS March Meeting, Los Angeles 2005; International Conference on Magnetism, Rom 2003); Teilnahme an einer Vielzahl von weiteren wissenschaftlichen Konferenzen im In- und Ausland.