Zum Erfolg von Jiri Grusa
Was ist für Sie Erfolg? Ideen zu haben und die Befreiung aus der Enge - die Fähigkeit seine Ideen zu realisieren. Richtig zu beobachten, Chancen zu sehen und der Mut nach ihnen zu greifen ist dabei das Wichtigste. Intelligenz, Selektion und Mut sind das Wesentlichste.
Sehen Sie sich selbst als erfolgreich?
Jedenfalls nicht als erfolglos. In der damaligen tschechischen Gesellschaft mußte ich scheitern, da ich - ohne es zu wissen - westlich handelte. Ohne meine Ausbürgerung und der Wende wäre mein Erfolg unmöglich gewesen. Trotzdem war ich unter schwierigen Umständen schon als Literat erfolgreich. Immerhin bin ich unter den 50 wichtigsten Literaten Tschechien dieses Jahrhunderts auf Platz 32 gereiht und zwei meiner Werke sind dabei erwähnt.
Wie sieht Sie Ihr Umfeld - als erfolgreich?
Für die tschechische Gesellschaft sicher. An einigen Dingen war ich ja wesentlich beteiligt. Eine historische Aufgabe war es - als erster nicht kommunistischer Botschafter in der BRD - die Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland auf eine neue Ebene zu stellen. Ich habe auch das öffentliche Schulsystem geöffnet und etwas westlicher eingestellt.
Wobei haben Sie erfolgreich entschieden?
Das waren drei Entscheidungen: 1. Das System nicht zu akzeptieren, 2. Mein Buch Der 16. Fragebogen zu schreiben und zu veröffentlichen und 3. Die Einladung in die USA anzunehmen - damals wurde ich ausgebürgert, bekam als Staatenloser die deutsche Staatsbürgerschaft, die ich nach der Wende wieder zurücklegte.Was ist für Ihren Erfolg ausschlaggebend? Ich war immer bemüht vermittelnd zu wirken, nicht nachzugeben und nicht nachzulassen. Wesentlich ist auch die Bildung, die man ständig erweitern muß. Als Literat ist der Erfolg auch davon abhängig, daß man ein Publikum für sich gewinnen kann - wenn man später den Stil ändert, kann das fatale Folgen haben. Anders ist es in der Diplomatie, wo es gilt ein Ziel mit klugen Mitteln zu erreichen.
Was macht Ihren spezifischen Erfolg aus?
Ich war immer entscheidungsfreudig, wollte alles erledigt wissen und war nie ein Freund des Beamtentums, das alles liegen läßt, bis es ein anderer erledigt.Haben Sie diese Tätigkeit angestrebt? Als das Angebot des Präsidenten kam sagte ich zuerst nein, weil ich mir nicht sicher war, ob ich mir nicht das, was ich als Literat aufgebaut hatte, zerstören würde. Ich war aber immer schon - in der Schule, im Gefängnis - Typ, der sich Respekt verschaffen konnte und die Leute interessieren sich für mich. Ich hatte immer das Talent Menschen zu motivieren.Welche Rolle spielt die Familie? Eine sehr große. meine erste Familie zerbrach beim russischen Einmarsch, meine zweite ging mit meiner Ausbürgerung in die Brüche - meine Frau ging wegen der Unsicherheit nicht mit mir mit. Aber nicht einmal für die Familie wollte ich klein beigeben - das war sicher egoistisch und als braver Familienvater darf man sicher so nicht agieren. Als kritischer Literat mußte ich aber so handeln. Der Zusammenbruch meiner Familie - im Zusammenhang mit der Politik - waren sicher meine schwersten Zeiten und ich litt sehr darunter. Meine jetzige Frau arbeitet selbst und unterstützt mich.Welche Rolle spielen die Mitarbeiter? Daß ich die Fähigkeit habe ein Team zu führen erfuhr ich in der Zeit als ich in der Baufirma arbeitete.Nach welchen Kriterien stellen Sie Mitarbeiter ein? Nach fachlicher Qualifikation, analytischen Fähigkeiten und wie die Leute zusammenpassen.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Motivation habe ich nie gelernt, ich wußte aber aus meiner Zeit beim Theater, wie ich Rollen besetze und Mobbing vermeide.Welche Rolle spielen Niederlagen und wie gehen Sie damit um? 1997 kandidierte ich für den Senat und nachdem ich in der ersten Runde gewonnen hatte, verbündeten sich Nationalisten, Sozialisten, Christen und Kommunisten (mit dem Argument, daß ich ja eigentlich kein Tscheche sei) und ich verlor die zweite Runde mit gerade 800 Stimmen. Damals war ich deprimiert, denn ich verliere nicht gern. Aber das überwand ich und wurde später - als Parteiloser ( der ich heute noch bin) - Minister. Dieser Rückschlag war - als wirkliche Niederlage - für mich aber sicher nötig. Alles vorherige war für mich ja kein Mißerfolg, sondern trug letztlich zu meinem heutigen Erfolg bei.Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft? Ich könnte nie ohne meine Arbeit leben - das ist eine gewisse Abhängigkeit, da ich ständig etwas machen muß. Wenn ich nichts zu tun habe, erfinde ich etwas - immer im Bereich Bildung, wo ich auch bemüht bin meine eigene Sprache zu finden.
Ihre Ziele?
In dieser Funktion möchte ich noch drei Jahre bleiben und mich dann zum Schreiben zurückziehen. Ich möchte ein Buch schreiben, in dem ich meine einmaligen Erfahrungen - schließlich war ich inmitten der Küche der Geschichte - zum Ausdruck bringe.
Haben Sie Anerkennung erfahren?
Ich kann mich nicht beschweren, aber daheim war die Anerkennung geringer als im Ausland.Ihre Vorbilder? Henri Standhal, der in der napoleonischen Zeit als Literat und Diplomat tätig war. Zu ihm habe ich eine gewisse Affinität und er hat mich sicher beeinflußt.
Anmerkung zum Erfolg?
Schon als Jugendlicher wußte ich, daß ich etwas erreichen werde. Dieses innere Bewußtsein hatte ich schon immer - ich wußte, daß ich einmal weggehen und etwas machen werde.