Zur Karriere von Paula Webster

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich besuchte acht Jahre lang die Volksschule in Gößnitz im Bezirk Freudberg. Damals gab es für uns Kinder noch keine andere erreichbare Ausbildungsmöglichkeit. Ich hatte eine halbe Stunde Fußmarsch bis zur Schule zurückzulegen, doch andere Kinder mußten gar zwei bis drei Stunden gehen. Danach begann ich eine vierjährige Lehre, doch schon nach drei Jahren war ich im diesem Betrieb selbständige Köchin. Nach meiner Ausbildungszeit arbeitete ich als Politesse bei der Gendarmerie. Durch Zufall lernte ich während meiner Arbeit als Politesse den Direktor von ÖKISTA kennen. Er wies mich darauf hin daß er, falls ich einmal nach England gehen möchte, für mich eine Stelle als Au-pair-Mädchen finden könnte. Diese Gelegenheit ließ ich mir natürlich nicht entgehen. Im September war ich dann bei ihm im Büro, und schon im November ging es los nach England. Die Stelle galt für ein Jahr. Die Familie, bei der ich war, hatte aber nicht genug Geld, um mir ein Gehalt zu bezahlen, und so wurde darauf gedrängt, arbeiten zu gehen. Also suchte ich um Arbeitsgenehmigung an, begann in einem Hotel als Kellnerin zu arbeiten und blieb insgesamt für sechs Jahre in England. Die erste Zeit arbeitete ich sozusagen zweigleisig: einerseits als Au-pair, andererseits als Kellnerin. In Hampstead lernte ich eine andere Familie kennen, die ein Au-pair-Mädchen suchte, so wechselte ich, war aber weitere zwei Jahre als Kellnerin tätig. Mein Chef im Hotel wurde bald darauf Generaldirektor eines großen Hotels in London und nahm mich als seine Abteilungsleiterin mit. In diesem Haus verbrachte ich sechs Jahre bis 1978. Meine Aufgaben waren dort im Management angesiedelt. 1975 heiratete ich. Als Abteilungsleiterin war ich sehr erfolgreich, im Hotel war meine Arbeit hoch angesehen. Mein Mann sagte dann eines Tages, wenn ich diese Arbeit für fremde Menschen so gut machen kann, kann ich sie auch für mich selbst machen. Also gingen wir gemeinsam nach Österreich, da mein Mann Sympathie für dieses Land empfand und sich vorstellen konnte, hier zu leben. Das Haus, das wir zu kaufen beabsichtigten, war zwar sehr renovierungsbedürftig, doch da wir über finanzielle Mittel verfügten, hatten wir den Mut, dieses Projekt zu starten. Als der Schnee schmolz, sahen wir in welch verheerendem Zustand sich das Haus tatsächlich befand, und meinen Mann verließ der Mut. Er kehrte wieder zurück nach England, und ich kaufte das Haus allein, da es nicht meine Art ist, etwas, das ich mir vorgenommen habe, einfach so wieder fallen zu lassen. Im Oktober 1979 begann ich mit dem Umbau. Ich hatte gegen viele Widerstände zu kämpfen, erneuerte aber trotzdem Stück für Stück das ganze Haus. Erst 2002 schloß ich meine bisher letzte Baustelle ab. Ich nahm nie Kredite auf, baute immer mit dem erwirtschafteten Gewinn weiter. Heute verfügt das Haus über 110 Betten, im Gegensatz zu den 30, als ich es kaufte.

Zum Erfolg von Paula Webster

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist letztlich das Glück, gesund zu bleiben. Um erfolgreich zu sein, muß man an die Möglichkeit seines Erfolges glauben und darf nicht an sich zweifeln.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Wir hatten sicher Erfolg, das Haus ist in einer guten Position und ich persönlich bin gesund. Aber ich glaube nicht, daß man es unter heutigen Bedingungen noch einmal so schaffen könnte.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Zum Erfolg braucht man Gesundheit, und diese muß man sich erhalten, daher darf man nicht Raubbau am eigenen Körper betreiben. Man muß sich mit dem, was man tut, wohl und zufrieden fühlen. Das Haus in ein Schmuckkästchen zu verwandeln, betrachtete ich als meine Lebensaufgabe, und ich habe es letztlich geschafft, mein Ziel zu erreichen. Ich bezeichne mich selbst als fleißig und zielstrebig. Wahrscheinlich wird meine Tochter Elisabeth das Haus weiterführen, worauf ich ebenfalls sehr stolz bin.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Man muß sich flexibel an die Ansprüche der Gäste und des Umfeldes anpassen können. Ehrlichkeit betrachte ich als einen Grundpfeiler meines Erfolges - wenn man seine Ziele langfristig umzusetzen plant, kann man dies nur auf ehrlichem Weg erreichen. Das Wichtigste für mich ist, daß sich der Gast wohl fühlt. Wir haben immer noch zuwenig Betten. Wenn jemand einmal unser Gast war, dann ist sicher, daß er wieder zu uns kommen wird. Unsere Gäste kommen durchwegs mehr als einmal pro Jahr zu uns.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Als ich mich entschied, dieses Hotel zu kaufen und es zu einem erfolgreichen Betrieb aufzubauen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich erhielt das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich. Doch noch wichtiger als offizielle Auszeichnungen sind für mich zufriedene Gäste.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Die absolut persönliche Betreuung der Gäste ist das wichtigste Kriterium für den Erfolg. In einer Studie der Bundeswirtschaftskammer erhielt unser Haus eine der besten Noten, was die Gästebetreuung betrifft. Dies resultiert vor allem daraus, daß wir unsere Gäste so weit als möglich persönlich kennen. Ich denke, daß uns fast alle unsere Gäste weiterempfehlen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich lebe für meinen Beruf. Privatleben habe ich nur, wenn der Betrieb geschlossen ist. Jeden Sonntagabend und im November habe ich Zeit für mich und kann wieder Kraft schöpfen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Die Bautätigkeit am und um das Haus sehe ich noch längst nicht als abgeschlossen. Mein Ziel ist es, in naher Zukunft den Betrieb um einen Wellnessbereich zu erweitern.