Zur Karriere von Erich Lessing

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Viele Dinge sind in meinem Leben durch schicksalhafte Wendungen und Entscheidungen einfach geschehen. Im Jahr 1938 wurde ich von den Nazis vom Schulbesuch ausgeschlossen, im Dezember 1939 - im Alter von 16 Jahren - gelang es mir, nach Palästina auszuwandern. Ich mußte den Tod meiner Mutter in Auschwitz und meiner Großmutter in Theresienstadt verwinden. In Palästina absolvierte ich eine Ausbildung zum Radiotechniker am Technion in Haifa, arbeitete als Karpfenzüchter in einem Kibbuz, war Taxichauffeur und fand letztlich zu meinem Jugendhobby, der Fotografie, zurück. Ich war in Folge als Kindergarten- und Strandfotograf und schließlich als Fotograf bei der britischen Armee tätig. 1947 kehrte ich nach Österreich zurück, lernte meine Frau kennen und wurde Fotoreporter bei der amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press. Seit 1951 bin ich Mitglied von Magnum, einer internationalen Fotografen-Kooperative mit Sitz in Paris und New York, deren Fotografen größere Kontrolle über die Verwendung ihrer Bilder und über die Begleittexte anstrebten. Ich arbeitete als freier Fotograf für Zeitschriften wie Heute, Quick, Life, Paris Match, Epoca und für die Tageszeitung New York Times. Des weiteren unterrichtete ich an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien und baute für die UNIDO in Indien einen Lehrstuhl für Fotografie auf. Parallel dazu leitete ich Workshops in Arles/Frankreich, Salzburg und anderen Städten.

Zum Erfolg von Erich Lessing

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Der berufliche Erfolg ermöglichte vieles im Leben. Den wichtigsten Erfolg bedeuten mir jedoch meine drei gesunden Kinder, ein Ziehkind und fünf Enkelkinder. Ein harmonisches Familienleben ist von großer Bedeutung. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich war in der Lage, meine Leidenschaft, die Fotografie, zum Beruf zu machen, und hatte auch das Glück, in eines der weltweit besten Fotografenteams hineinzuwachsen. Ein weiterer Faktor, der zu meinem Erfolg beitrug, war die Sorge um das Umfeld.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Herausforderungen sind für mich reizvolle Aufgaben.Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Ich stehe für Originalität und Kreativität.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Ich hatte das Privileg, auf sehr bedeutende Menschen aus Literatur, Kunst und Politik zu treffen und mit ihnen verkehren zu dürfen. Von daher erfuhr ich maßgebliche Prägungen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich erfuhr diese in vielfältiger Weise. Anerkennung verspüre ich dann, wenn diese mit persönlicher Wertschätzung verbunden ist.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Die Medienlandschaft verschiebt sich, und die Printmedien verlieren Marktanteile. Wir können die weitere Entwicklung noch nicht abschätzen.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich von manchen als Nörgler wahrgenommen werde. Diese Eigenheit, das Nörgeln an mir selbst, sehe ich jedoch als Teil der Selbsterkenntnis.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Gute Mitarbeiter tragen wesentlich zum Erfolg bei.Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Ich habe meine Fotografien in einem Archiv von über 40.000 großformatigen Farbdias gesammelt, dem Erich Lessing Kunst- und Kulturarchiv, das über ein eigenes Softwareprogramm benutzt werden kann. Die Stichwörter können in sechs verschiedenen Sprachen aufgerufen werden. Das Archivprogramm wird in Fotoagenturen und Verlagen in den Vereinigten Staaten, in Europa, in Korea und Japan benützt. Die Digitalisierung in hoher Auflösung erlaubt es, Bilder über Standleitung oder E-mail zu versenden.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Da meine Frau von Beruf Journalistin ist, vermischt sich unser Privatleben stark mit unseren Berufen.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Versucht, die soziale Umwelt zu verstehen und das Zusammenleben der Menschen zu fördern. Man wird damit keine sensationellen Erfolge erreichen, aber man kann damit in allen Berufen ein bißchen an den Schrauben des Humanismus drehen. Selbsterziehung ist in jedem Fall vonnöten.

Über 40 eigene Kunstbücher, die in Verlagen in Österreichisch, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, den USA, Schweden und Italien erschienen sind; Sammlung von 40.000 großformatigen Farbdias im Archiv.