Zur Karriere von Thomas Nelissen

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich studierte in Holland Landwirtschaft, wobei ich damals noch nicht wußte, daß mich mein Weg bis Japan und später auch nach Österreich führen würde. Von 1971 bis 1975 war ich als Arbeitstherapeut für Geisteskrankheiten im Nieuw Dennedal Krankenhaus in Den Dolder, Holland beschäftigt. Ich übernahm damals die Verantwortung für 15 Patienten und entwickelte aus meinen Erkenntnissen neue Therapieformen. Da ich mich auf die Seite der praktisch angewandten Therapie stellte, entwickelten die Patienten naturgemäß intensive Emotionen, mit denen ich ebenfalls erst umzugehen lernen mußte. Nach dieser wunderbaren Zeit der Ausbildung und Erfahrung wollte ich mich verstärkt mit diesem Bereich und vor allem auch mit Körpertherapie auseinandersetzen. 1975 übersiedelte ich für mein Studium bei den Meistern Shitsuto Masunaga und Masanobu Fukuoka nach Tokio. 1979 war mein Studium abgeschlossen und ich hatte es zusätzlich geschafft, eine Verbindung zwischen Landwirtschaft und Shiatsu herzustellen. Zurück in Holland eröffnete ich meine erste Shiatsu Praxis und Schule sowie einen landwirtschaftlichen Betrieb mit biologisch-dynamischer Produktion. Ich entwickelte den Hara Shiatsu Stil und übte in den achtziger und neunziger Jahren Lehrtätigkeiten in den Niederlanden, den USA, der Schweiz und Deutschland aus. Da ich eine Familie gegründet hatte und mir dieser Verantwortung bewußt war, schränkte ich dann meine Tätigkeiten auf Holland und Österreich ein. Von 1988 bis 1990 studierte ich Akupunktur an der Akademie für TCM in Arnheim. Seit 1989 leite ich die von mir gegründete Hara Shiatsu Schule in Wien und war von 1997 bis 1999 auch Vorsitzender des Österreichischen Dachverbandes für Shiatsu. Zwei Jahre lang lief eine achtteilige Serie über Hara Shiatsu im Fernsehen (3sat) und erreichte insgesamt sechs Millionen Zuschauer.

Zum Erfolg von Thomas Nelissen

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist für mich dann gegeben, wenn ich meine Arbeit mit Freude ausführe und sie mich dadurch erfüllt. Erfolg ist ein sehr wandelbarer Begriff, der immer wieder neu definiert werden muß. Früher war mir der monetäre Bereich völlig unwichtig, sobald man aber ein Unternehmen gegründet hat, wächst im finanziellen Bereich die Verantwortung für den Betrieb und dessen Mitarbeiter. Jede Entwicklungsstufe des Menschen hat auch ihren finanziellen Aspekt . Das Wichtigste für mich ist jedoch, meine Erfahrungen weitergeben zu dürfen und Menschen so gut auszubilden, daß sie in der Lage sind, anderen zu helfen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich konnte meine vorgenommenen Ziele erreichen und behielt auch in schwierigsten Zeiten immer eine positive Grundhaltung. Damit bleibt das Leben lebenswert und ich sehe mich selbst als erfolgreichen Menschen, obwohl ich mit dem Begriff Erfolg an sich nicht viel anfangen kann.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Erfolg liegt in den Erfahrungen, die ich in meinem Berufsleben sammeln konnte. Ich wußte immer, daß die Praxisorientierung zu den wesentlichsten Elementen der Ausübung des Berufes bzw. der Berufung zählt. Obwohl ich die fernöstliche Medizin in Form der Volksheilkunde betreibe, habe ich die westliche Medizin und ihre Erfahrungen nie ausgegrenzt. Aus diesem Grund arbeiten wir sehr klinisch orientiert und sind auch in der westlichen Medizin integriert. Ich sehe mich als Übersetzer zwischen beiden Erfahrungswerten und erachte dies als wichtigen Parameter meines Erfolges. Mein größtes inneres Anliegen ist es, den Mensch in seiner Gesamtheit als Geist-, Körper- und Seelenindividuum wahrzunehmen und als ganzheitlicher Konzeptträger die Heilung zu beschleunigen. Die Intuition jedes Menschen ist ein Urtrieb des Lebens, den man mit Körperarbeit, also Shiatsu, wieder sehr gut in die Realität des Lebens bringen kann. Wichtig für den Lebenserfolg ist, daß man - je nach Veranlagung - früh genug Korrekturen in der eigenen Einstellung und seinem Verhalten durchführt. Dadurch lassen sich Probleme lösen bzw. verhindern. Ich war nie ein Mensch, der seinen Lebensweg genau plante und dann Probleme hatte, wenn der Weg plötzlich anders verlief. Wichtig ist mir die Grundlinie – der rote Faden im Leben, an dem ich mich immer wieder neu orientieren kann. In meinem Beruf kommt es darauf an, die Energie in den Fingerspitzen zu spüren. Freude am Tun und die Motivation, für sich selbst und für andere Menschen da zu sein, bewirken die Umsetzung meiner inneren Kraft ins äußere Leben.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Shiatsu ist das Handwerk der Energiearbeit, die Basis dafür ist jedoch Chi, die universelle Lebensenergie. Erst wenn wir lernen, unseren eigenen Energiefluß in Gang zu setzen und das innere Feuer des Lebens zu entzünden, bekommt Shiatsu als Ausdrucksform seine besondere Qualität.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Sobald ich mir meine inneren Gefühle bewußt machte, empfand ich auch Erfolgsgefühle. Ich setzte mir immer wieder neue Ziele und fühlte mich als Eroberer, wenn ich auf dem Weg war, sie zu erreichen. Ich stelle mich gerne den ständig neuen Herausforderungen des Lebens.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Das oft schwierigste Problem ist, nicht zu missionieren. Als Therapeuten arbeiten wir intensiv mit Menschen, daher ist es wichtig, Beruf und Privatleben zu trennen. Wenn ich nach Hause komme, muß ich es schaffen, aus der Therapeutenrolle auszusteigen und mich auf meine Familie zu konzentrieren. Aus rein unternehmerischer Sicht sehe ich weder politische noch andere Probleme, die unlösbar wären.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Wir haben ein System eingeführt, mit dem es für mich schon während der Ausbildungszeit der StudentInnen klar erkennbar ist, wer sich für eine Mitarbeit in meinem Unternehmen eignet.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Arbeitet man mit Menschen, muß einem bewußt sein, daß man alle inneren Energien nach außen transportiert. Ist man selbst begeistert, sind auch die Mitarbeiter motiviert. Auf längere Sicht muß aber jeder die Verantwortung für sich selbst und seine Entwicklung übernehmen und dazu zählt die Eigenmotivation. Aus diesem Bewußtsein heraus arbeiten wir tagtäglich mit Körper, Seele und Geist.
Wie ist Ihr hierarchischer Strukturkoeffizient?
Ich arbeite im Büro mit zwei Mitarbeiterinnen. Für die Umsetzung, den Unterricht und die Begleitung der StudentInnen habe ich 17 bestens ausgebildete Lehrkräfte.
Ihr Lebensmotto?
Ohne Chi ist Shiatsu eine leblose Technik.