Zur Karriere von Johanna Zwerenz

Wie war Ihr Werdegang?
Ich komme aus einer Lehrerfamilie. Mein Großvater, Sprachprofessor, beherrschte 14 Sprachen in Wort und Schrift, davon fünf auch in Stenogramm. Aufgrund seines phänomenalen Talentes lud man ihn nach London ein, wo er unterrichtete. Mein Vater, Grafiker, war Professor an einer Berufsschule, meine Mutter war im Haushalt tätig. Nachdem sich meine Eltern trennten, stellte sich für mich die Frage, wo ich gut verdienen konnte, weil das Geld zur damaligen Zeit bei uns sehr knapp war. Ich machte die kleine Matura - statt acht Jahren nur sechs -, die es nur im Krieg gab, und habe mich gegen den Willen meiner Mutter entschlossen, mich in einer Hotelfachschule ausbilden zu lassen, was damals sehr teuer war. Eine Tante von mir hat mir das Geld geborgt und ich hatte die Genehmigung als Werkstudentin parallel zur Schule zu arbeiten. So kam ich in ein schönes altes Hotel namens Erzherzog Karl in der Kärntner Straße, wo ich im Service tätig war. Ich war für zwei der größten Tische für jeweils zwölf Personen zuständig und habe gut verdient. Das Hotel wurde zerbombt, die Schule wegen Bombenangriffen vorübergehend geschlossen und ich kam mit 19 Jahren zum Gösser-Keller, wo man mich als Wirtschafterin einstellte. Ich war für Lebensmittel verantwortlich und sollte das Essen für 2000 Personen sichern. Das war eine unvergeßliche Zeit und, wenn ich zurückdenke, kann ich mir nicht vorstellen, wie ich ohne große Erfahrung und ohne Rechner alles kalkuliert und gemanagt habe. Auch der Gösser-Keller fiel den Bombenangriffen zum Opfer. Zum Glück blieben Weinkeller und Lager verschont. An einem neuen Standort haben wir begonnen, ein Lokal zu führen, was uns geholfen hat, über die Runden zu kommen. Damals habe ich meinen Mann kennengelernt, der Dirigent war. Mit ihm hat für mich ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Durch seine Kreativität und sein Talent rief er vieles ins Leben. So war er Veranstalter des Lehar-Festes im Stadtpark, welches bei vielen Leuten sehr lange in Erinnerung geblieben ist. Ein sehr interessantes Projekt haben wir über Jahre im Gebäude der Börse durchgezogen: Ausstellungen zu verschiedenen Themen, die großes Publikumsecho hatten. Nach dem Brand der Börse stiegen wir auf Live-Sendungen um, welche wir im AEZ (Ausstellungs- und Einkaufszentrum) durchgeführt haben. Wir veranstalteten wöchentlich 18 solcher Sendungen, die im Radio übertragen wurden. Mit dem ORF hatten wir einen Vertrag und bekamen so die nötige technische Ausrüstung. Die finanziellen Mittel für die Auszahlung der Gagen usw. erwirtschafteten wir selbst mit Reklame. Als Herr Bachler Generalintendant wurde, hat man diese Sendungen abgeschafft. Mein Mann war aber inzwischen Honorarkonsul von zwei Staaten geworden, wir hatten eine Werbeagentur und eine Realkanzlei. Die Firma führten wir mit einem Kompagnon zusammen. Nachdem dieser gestorben war, führte mein Mann die Firma allein. 1974 starb auch er, und ich mußte den Betrieb übernehmen. Aufgrund meiner früheren Erfahrungen, da ich immer mitgearbeitet hatte, ist mir dies nicht besonders schwer gefallen. Jetzt hat mich mein Sohn abgelöst und bei ihm ist das Unternehmen in sicheren Händen.

Zum Erfolg von Johanna Zwerenz

Wie kamen Sie zum Weißen Ring? Eine Freundin von mir war Gründungsmitglied der Organisation in Österreich und sie bat mich, als Kassiererin einzutreten. Ich stellte die Räumlichkeiten für die Arbeit des Weißen Ringes zur Verfügung und nahm das Angebot an. Nach kurzer Zeit wurde ich zur Generalsekretärin ernannt. Wir erleben täglich Sachen, von welchen man Gänsehaut bekommt, deshalb versuchen wir alles, um den Betroffenen, unter ihnen auch mißbrauchte Kinder, zu helfen.Was bedeutet für Sie Erfolg? Ich bin dann erfolgreich, wenn mir etwas geglückt ist. Ich bin oft mit juristischen Fragen konfrontiert, habe aber keine Fachausbildung und fühle mich erfolgreich, wenn ich, ohne einen Anwalt fragen zu müssen, die Sache richtig einschätzen kann.Ihr Schlüssel zum Erfolg? Mein Interesse an der Arbeit, überdurchschnittlicher Einsatz und die Bereitschaft, auf vieles zu verzichten. Man braucht auch Einfühlungsvermögen, Anpassungsgabe und Bemühen.Ihre Botschaft an die Jugend? Keine Arbeit scheuen, viel lernen und den Eltern dankbar sein, wenn sie diesbezüglich streng sind. Es ist wichtig zu wissen, daß alles im Leben seinen Preis hat. Man ist seines eigenen Glückes Schmied.